Briefwechsel BI Waldwende-Neckargemünd Forstamtsleitung

Briefwechsel BI und Forstamt

Die steigende Mitgliederzahl bei der BI Waldwende-Neckargemünd hat auch dazu geführt, dass wir nun argumentativ auch bei simplifizierenden ("wir schlagen hier Bäume, damit am Amazonas keine fallen und für euer Klopapier") oder wissenschaftlich verbrämten ("Studien belegen, dass je weniger Niederschläge fallen, desto lichter sollte der Wald sein") Argumentationen mithalten können.

Hier nun ein Briefwechsel zwischen der BI und der für den Forstwirtschaftsbetrieb im Kommunalwald Neckargemünd zuständigen Forstamtsleitung. Wir hatten Fragen zu Einschlägen u.a. auch in einem Biotop. Lassen Sie sich mitnehmen auf eine Reise in die Argumente, mit denen Maßnahmen untermauert werden und urteilen Sie selbst, ob Sie diese überzeugen.

Schriftverkehr mit Forstamtsleiter Rhein-Neckar-Kreis bzgl. Einschlägen.

 

Ursprünglicher Brief der Waldwende an Forstamtsleiter M. Robens:

Neckargemünd, 18.3.2023

Sehr geehrter Herr Robens, sehr geehrter Herr Reinhard,

wir nehmen Bezug auf den in der RNZ vom 3.3.2023 erschienen Artikel „Gefahr im Wald. Bäume werden gefällt.“ Zwischenzeitlich haben uns hierzu viele Anfragen erreicht.

Wie wir vor Beginn der Fällungen oberhalb der SRH gesehen hatten, wurden in einem Gebiet des (oberen) Stadtwaldes Bäume zur Fällung markiert. Ein Teil des Gebietes ist als gesetzlich geschütztes Waldbiotop ausgewiesen. Es handelt sich um den Hainsimsen-Buchenwald am Galgenberg (siehe https://wnsinfo.fva-bw.de/karte/#/ zur Biotop-Beschreibung siehe: https://www.fva-bw.de/fileadmin/scripts/forschung/wns/wbk/biotopbelege/BTOP_6618120404.pdf).

Inzwischen haben die Fällarbeiten im Gesamtgebiet begonnen. Wir haben nun Fotos erhalten, die die Frage aufwerfen, ob auch im Gebiet des Waldbiotopes bereits Bäume gefällt worden sind.

Aus dem Forsteinrichtungswerk (FEW) 2015-2025 der Stadt Neckargemünd geht hervor, dass Waldbiotope von Fällungen ausgenommen werden sollen (so steht z.B. auf S. 1 der Ergebnisse des FEW im Allgemeinen Teil, dass Biotope als Schutzraum Vorrang gegenüber der Holznutzung haben.)

Daher stellen sich der BI die Fragen:

  1. Wurden Fällungen auch im Bereich des nach § 30a Absatz 3 LWaldG BW geschützten Biotops http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=173879,32 durchgeführt und wenn ja, in welchem Umfang und wurden diese Maßnahmen mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt?
  1. Wie sind bei den erfolgten Baumfällungen die Besonderheit des Waldbiotops berücksichtigt worden?
  1. Sind bei der Hiebsplanung die Auswirkungen der Fällungen in den umliegenden Flächen auf das Waldbiotop berücksichtigt worden (Distr.1 Abt. 1b15/2 und b15 haben nach FEW zum Teil noch geschlossenen Buchen-Altholz-Bestände)? Hier vor allen Dingen, die Auswirkungen von Lichtstellungen auf den Nachbarflächen.
  1. Inwiefern wurde sichergestellt, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Waldbiotops durch die erfolgten Hiebsmaßnahmen ausgeschlossen ist?

Das betroffene Gebiet war bereits vor den Fällungen u.E. in Teilen stark aufgelichtet, insbesondere am Grenzweg. Auf dem gesamten, das Biotop einschließenden Gebiet Grenzweg / Stechlaubweg (bis zum prominenten Jägerstand = 7,4ha) sollen über 250 weitere Buchen gefällt werden, um neue Bäume (u.a. Eichen) anzupflanzen.

Wir konnten der RNZ entnehmen, dass den Bäumen mehr Nährstoffe und Wasser zur Verfügung gestellt werden sollen. Im FEW (s.o.) ist dagegen vermerkt, dass Buchen nur vorsichtig geschlagen werden sollen und das Kronendach geschlossen bleiben soll (aus: Niederschrift zur Zwischenprüfung Stadtwald Neckargemünd vom 17.8.21; Bisheriger Vollzugsstand und Ergebnisse der Zwischenprüfung: ……„Solange nicht klar ist, wie sich die Schäden aus der Trockenheit 2018-2020 auf die Bestände auswirken, finden in den aktuell noch geschlossenen Buchen-Altbeständen nur vorsichtige Eingriffe statt, das Bestandsdach wird geschlossen gehalten.“…..).

Den Fotos können Sie entnehmen, dass das Kronendach am Grenzweg größtenteils nicht mehr vorhanden ist. Bis die jungen Bäume dieselbe Menge CO2 speichern wie die geschlagenen Bäume, werden Jahrzehnte vergehen. Ohne Schatten werden die jungen Bäume im Sommer der prallen Sonne ausgesetzt sein.

Daher stellen sich der BI die Fragen:

  1. Wie erklärt sich diese Abweichung von den Planungen im FEW bezüglich der Buchen?
  2. Wird die CO2 Speicherung bei den Planungen berücksichtigt?
  3. Sind im Sommer bei Bedarf Bewässerungen für die Neuanpflanzungen geplant?

Laut dem uns vorliegenden Hiebsplan 2023 wurde als Zeitpunkt für die o.g. Gesamtmaßnahme das 4. Quartal aufgeführt.

Daher stellen sich für die BI die Fragen:

  1. Warum wurde der Eingriff vom 4. auf das 1. Quartal vorverlegt?
  2. Was geschieht mit dem entnommenen Holz?

Wir bitten freundlich um eine Stellungnahme und danken Ihnen bereits im Voraus für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. gez. gez.

Diana Perry, Robert Wenk, Sebastian Binneboe

 

Antwort M. Robens:

Stellungnahme der unteren Forstbehörde

Ihr Schreiben vom 18.03.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihren im Schreiben vom 18.03.2023 gestellten Fragen nimmt die untere Forstbehörde wie folgt Stellung:

Der RNZ-Artikel vom 03.03.2023 bezog sich auf den Seilkranhieb in Distr. 1, Abt. 3

(oberhalb der SRH). Der Bestand, in dem das erwähnte Waldbiotop liegt, befindet sich

aber in Distr. 1, Abt. 1.

Zu Frage 1:

Bei dem Biotopschutzwald handelt es sich um eine nach § 30a Landeswaldgesetz (LwaldG) geschützte „seltene naturnahe Waldgesellschaft“, den „Hainsimsen- Buchenwald am Galgenberg“ (Biotopnummer 6618:1204:04).

Im Waldbiotop wurden einzelne Bäume gefällt. Der Umfang des Eingriffs innerhalb der Fläche des Waldbiotops ist sehr gering. Der Schwerpunkt der Maßnahme fand im nicht als Biotop ausgewiesenen Hauptteil des Bestandes b15 in Distr. 1, Abt. 1 statt. Außerhalb des Waldbiotops wurden die vorkommenden Eichen begünstigt und freigestellt, die auf den dortigen Standortseinheiten unter Klimaveränderungsaspekten eine bessere Zukunftsprognose haben als die entnommenen Buchen.

Nach § 30a (4) LwaldG erfolgt „die Pflege von Biotopschutzwald ... unbeschadet der besonderen Zweckbestimmung im Rahmen der Bewirtschaftung des Waldes nach den Vorschriften des § 12 LwaldG. Zulässig ist weiterhin, Pflege- und Unterhaltungsmaß- nahmen durchzuführen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Biotopschutzwälder notwendig sind.“

Es ist also festzuhalten, dass Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen in geschützten Waldbiotopen nach § 30a LwaldG erlaubt sind, sofern sie der Pflege des Biotopschutzwaldes förderlich sind. Das ist im gegebenen Fall sichergestellt, da die Maßnahme die vorhandene Buchennaturverjüngung fördert, den Eichenanteil bei den Altbäumen erhöht und die Verjüngung in Richtung lichtbedürftiger, klimatoleranterer Baumarten – insbesondere der Eichen – begünstigt.

Eine Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde ist nicht erforderlich, da die untere Forstbehörde für den Vollzug aller Maßnahmen nach § 30 a LwaldG zuständig ist.

Im Forsteinrichtungsbeleg FE100 steht unter der Rubrik „Zielsetzung“ beim Passus „1.2 Ökologie“ die Aussage: „Der Biotop- und Artenschutz genießt in naturschutz- und forst- rechtlichen Schutzgebieten Vorrang gegenüber der Holzproduktion.“ Die Aspekte des Biotop- und Artenschutzes haben eindeutig Vorrang bei der Maßnahme innerhalb des Waldbiotops. Totholz und Höhlenbäume verbleiben auf der Fläche.

Die Holzproduktion ist im gegebenen Fall ein Nebenprodukt der Biotoppflege.

Zu Frage 2:

Ja. Details siehe auch Aussagen zu Frage 1.

Zu Frage 3:

Der Eingriff innerhalb des Waldbiotops ist sehr gering. Die stärkeren Auflichtungen außerhalb des Waldbiotops dienen der Verjüngung der lichtbedürftigen, standortgerechten Baumart Eiche.

Zu Frage 4:

Der Eingriff innerhalb des Waldbiotops ist gering. Totholz und Höhlenbäume verbleiben auf der Fläche. Die natürliche Verjüngung der vorkommenden Baumarten wird gefördert.

Der von Ihnen zitierte Passus aus dem Bericht zur Zwischenprüfung im Stadtwald Neckargemünd vom 19.10.2021 bezieht sich auf „... aktuell noch geschlossene Buchen-Altbestände“. Der Bereich am Grenzweg ist aber – wie Sie selber im Absatz unter Frage 4 darstellen – „in Teilen bereits stark aufgelichtet“. Daher greift Ihre Forderung nach einem geschlossenen Kronendach hier nicht.

Die angesprochenen Fotos lagen Ihrem E-Mail nicht bei.

Die Zuwachsleistung von Bäumen kann als Indikator für das CO2-Bindevermögen von Bäumen herangezogen werden. Aus langjährigen wissenschaftlichen Untersuchungen wurden sogenannte „Ertragstafeln“ hergeleitet, die die Zuwachsleistung der verschiedenen Baumarten in den unterschiedlichen Altersstufen auf unterschiedlichen Standorten darstellen. Durchgängig stellt sich dabei heraus, dass junge Bäume ein höheres Zuwachsvermögen haben als ältere. Ihre Aussage bezüglich der CO2-Bindung junger Bäume entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft.

Zu Frage 1:

Welche Abweichung meinen Sie? Die FE-Planung für Distr. 1, Abt. 1 b15 sieht die Ernte von 950 Fm vor, die im Rahmen der Verjüngungsnutzung realisiert werden sollen. Tatsächlich ist im dem Bestand eine Holzmenge von 711 Fm eingeschlagen worden. Die nach der Forsteinrichtung mögliche Nutzungsmenge ist also deutlich unterschritten worden.

Zu Frage 2:

Ja, die CO2-Speicherung wird bei der FE-Planung auf der Ebene des Gesamtbetriebs berücksichtigt (siehe auch FE-Werk, FE5, S.2, III. Planung für das nächste Jahrzehnt, IIIa „Hiebsatz und Nachhaltigkeitsweiser“). Der für den Stadtwald Neckargemünd geplante Hiebsatz liegt leicht unter dem prognostizierten Zuwachs. Damit sollte sich der Vorrat im Lauf des Jahrzehnts leicht erhöhen, was einer erhöhten CO2-Speicherung entspricht. Wenn es künftig weiterhin wenig Niederschlag innerhalb der Vegetationsperiode gibt, ist davon auszugehen, dass der Holzvorrat in unseren Wäldern rückläufig sein wird. Die Holzvorräte in südeuropäischen Wäldern (bei höheren Durchschnittstemperaturen und geringeren Niederschlägen) sind bereits heute deutlich geringer als in Deutschland.

Zu Frage 3:

Die Bewässerung von Anpflanzungen im Stadtwald Neckargemünd ist nicht geplant. Ob Bedarf besteht, wird sich in Abhängigkeit vom Niederschlag in der Vegetationsperiode zeigen. Grundsätzlich wird eine Bewässerung nur als Starthilfe nach einer Pflanzung als sinnvoll erachtet. Um den Wasserbedarf der jungen Pflanzen möglichst gering zu halten, werden im gegebenen Fall Kleinpflanzen verwendet, die im Herbst gesetzt werden.

Zu Frage 1:

Der Hieb wurde vorgezogen, da sich der Beginn eines anderen Hiebs – der in der RNZ erwähnte Seilkranhieb in Distr. 1, Abt. 3 – verzögert hat.

Zu Frage 2.:

Das entnommene Holz wird zugunsten der Stadt Neckargemünd an einheimische Holzhändler und Sägewerke sowie an das Zellstoffwerk Essity, einen Hygienepapierhersteller mit Sitz in Mannheim (ehemals PWA) verkauft.

Mit freundlichen Grüßen

Robens

 

 

Antwort Waldwende an M. Robens:

Neckargemünd, den 17.04.2023

Sehr geehrter Herr Robens,

vielen Dank für Ihre freundliche und umfassende Beantwortung der in unserem Brief vom 16.3.2023 gestellten Fragen. Nachdem die Sperrung des durch die Fällungen betroffenen Gebiets in Distrikt 1, Abt. 1 b15/2 und b15 aufgehoben wurde, konnten wir uns nun selbst ein Bild von den Forstarbeiten in und um das gesetzlich geschützte Waldbiotop machen. Daraus – und natürlich bezugnehmend auf Ihr diesbezügliches Antwortschreiben – ergeben sich für uns nun folgende Antworten und auch weitere Fragen. Wir beziehen uns zunächst auf den hohen Einschlag alter Buchen um dann auf die Einschläge im Biotop einzugehen.

Leider hat sich unsere Befürchtung bezüglich der sehr starken Auflichtungen in den 147 Jahre alten Buchenbeständen am Herrenhang bestätigt. Das vormals geschlossene Kronendach (siehe FE 1B Distr. 1, Abt.1 b15) [Fußnote: Zum Zeitpunkt der Verfassung des FEW 2015-2025 ist dieser Teil des Neckargemünder Waldes als mit altem, noch geschlossenen Buchenbestand geführt.] ist in vielen Bereichen durch das Einschlagen mehrerer, nah beieinander stehender, starker Buchen mit bis zu 0,25 ha Flächengröße stark aufgelichtet. Am nördlichen Rand der Fläche ist auf ca. 0,75 ha nahezu der komplette Bestand abgeräumt worden. Den Vorgaben des Zwischenberichts zum aktuellen Forsteinrichtungswerk (FEW) wie in unserem Schreiben dargelegt, entspricht dies sicher nicht. Wie schon dargelegt, ist dort vermerkt, dass bislang geschlossene Buchenbestände nicht aufgelichtet werden sollen. [Fußnote: Zitat FE Zwischenbericht 2021 S.2:“Solange nicht klar ist, wie sich die Schäden aus der Trockenheit 2018-2020 auf die Bestände auswirken, finden in den aktuell noch geschlossenen Buchen-Altbeständen nur vorsichtige Eingriffe statt, das Bestandsdach wird geschlossen gehalten.]

Durch das Auflichten und seitliche Freistellen, wird das typische humide Waldinnenklima des geschlossenen Buchenbestands negativ beeinträchtigt. So werden die nächsten heißen Sommer den verbliebenen Bäumen noch viel stärker zusetzen können. [Die Buche verträgt Schäden am Rindenmantel äußerst schlecht. Eine plötzliche Freistellung führt häufig zu "Sonnenbrand", in der Folge zum Aufreißen der Rinde und zu einem Befall durch sekundäre Pilze oder Insekten. https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/schadensmanagement/zur-waldschutzsituation-der-buche Zugriff: 16.04.2023] Auch das Aufheizen der Erde auf den lichten Flächen wird das Binnenklima verändern. Wir befürchten, dass daraus weitere Zwangsnutzungen folgen und somit der bedeutendste Buchen-Altbestand des kommunalen Oberen Stadtwaldes entscheidend geschwächt wird. Zudem ist der Bereich der Fällungen durch die Waldfunktionenkartierung des Forst BW ausgewiesener Klimaschutz- sowie Erholungswald. Dies wurde, ebenso wie die überragende Bedeutung der Buchen- Altbestände für die Biodiversität, [Die Bedeutung älterer Buchen für die Biodiversität ist vielfach belegt. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das 2023 veröffentlichte „Grundsatzprogramm Wald“ des NABU: Wälder der Zukunft: Ökosysteme für Mensch und Natur“ in dem die Zusammenhänge wie auch Studien dargelegt werden. https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/wald/230116-nabu-grundsatzprogramm_wald.pdf (Zugriff: 14.04.2023)] unserer Meinung nach bei der Hiebsplanung nicht berücksichtigt.

Die Unterstützung der Anpassung des Neckargemünder Waldes an die sich rasant verändernden klimatischen Bedingungen ist auch aus unserer Sicht eine dringliche Aufgabe des Forstbetriebs Neckargemünd. So begrüßen wir die erste Adaption eines Alt- und Totholzkonzeptes (bislang allerdings nur auf 3 Prozent der zumeist stillgelegten Flächen, so das FEW) sowie die Ausweisung von Waldrefugien wegen der positiven Auswirkungen auf die Biodiversität sowie der Bedeutung von Alt- und Totholz für den Feuchtigkeits- und Nährstoffhaushalt des Waldes. [ https://www.forstbw.de/schuetzen-bewahren/waldnaturschutz/alt-totholzkonzept/ (Zugriff: 10.04.2023)] Die Förderung der Traubeneiche als heimische trockenheitsresistente Baumart kann ebenso ein Teil einer solchen Anpassung sein. Allerdings bezweifeln wir entschieden, dass das vermehrte Einschlagen der älteren und stärkeren Buchen dafür erforderlich ist und sehen darin vielmehr eine Beeinträchtigung der Ökosystemresilienz des Waldes. So gibt es sehr fundierte ökologische und forstwirtschaftliche Positionen aus Praxis und Wissenschaft, die der Buche weiterhin eine Zukunft und hohe Bedeutung für den Wald unter Bedingungen mit zukünftig heißeren und trockeneren Sommern in Deutschland und auch in unserer Region bescheinigen. Allerdings ist dafür ein dicht geschlossenes Bestandsdach als Bedingung für ein feucht-kühles Waldinnenklima die entscheidende Voraussetzung. [So wurde z.B. für den Landeswald Rheinland-Pfalz ein Verbot der Auflichtung alter Buchenbestände ausgesprochen: https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/aktuelles/news-detailansicht/news/landesforsten-rlp-einschlagstopp-fuer-alte-buchen-im-staatswald/ (Zugriff: 14.04.2023)] Für die Eiche als Lichtbaumart werden durch klimabedingte Kalamitäten ohnehin gute Wachstumsbedingungen an vielen Stellen vorherrschen.

Unter diesen Aspekten sehen wir auch die aktuell laufende Durchforstung im Distrikt 1, Abt.3 mit dem immensen Volumen von über 1600 fm kritisch. Hier werden aktuell viele stärkere Buchen, zugunsten der Traubeneiche und des 60%igen Nadelbaumanteils (hauptsächlich Kiefer) aus dem dem Wiesenbacher Tal zugewandten Hang entnommen. Hier ist zudem bedeutsam, dass die Grundwasserneubildung in Nadelholzforsten erheblich geringer ist als in Buchenwäldern. [Flade, M.; Winter, S. (2021): Wirkungen von Baumartenwahl und Bestockungstyp auf den Landschaftswasserhaushalt. In :Knapp, H.; Klaus,S.; Fähser, L. (Hrsg.) Wald im Widerstreit der Interessen. oekom Verlag, München]

So müssen in Zukunft vor der forstwirtschaftlichen Nutzfunktion auch und vor allen Dingen die vielfältigen, durch die Buchenmischwälder in ihrer Gesamtheit erbrachten Ökosystemdienstleistungen bei der Entscheidung, wie der Wald genutzt werden soll, viel stärker berücksichtigt werden. So sind für viele Bürger_innen von Neckargemünd, die durch unsere Buchenwälder erbrachten Leistungen, z.B. als Refugium für die Biodiversität, für die Luftkühlung, die Grundwasserneubildung sowie die Naherholung von immensem Wert. Mit zunehmender Hitzebelastung, die leider insbesondere auch für unsere Region prognostiziert wird, werden diese Faktoren ganz wesentlich für ein weiterhin sicheres und angemessenes Lebensumfeld stehen. [Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung unter: klimafolgenonline.com/ (Zugriff 10.04.2023)]

In diesem Kontext ist auch die Bedeutung des Waldes als Kohlenstoffspeicher von unschätzbarem Wert für uns alle. Wir können das gerne im Gespräch vertiefen, aber die Aussage, dass jüngere Bäume durch ihr stärkeres Zuwachsvermögen mehr Kohlenstoff speichern, ist für sich alleine betrachtet nicht ausreichend um das Kohlenstoffspeichervermögen des Waldes abschließend zu beurteilen. So zeigen aktuelle Forschungen, dass gerade auch ältere Buchenwälder mit hohem Totholzanteil – neben einer großartigen Erholungswirkung für Besucher und hohen Grundwasserneubildungsraten – eine besondere Bedeutung als langfristiger Kohlenstoffspeicher haben, den es in Zukunft unbedingt zu erhalten gilt. Dazu einige wissenschaftliche Erkenntnisse, die uns Bürger und Bürgerinnen – auch im Kontext der aktuellen Fällungen – sehr beschäftigen: „So erreicht Jungwuchs bis zu 20 Jahren eine mittlere Kohlenstoff-Absorptionsrate von nur 33 bis 47 Prozent von alten Beständen mit Alter 100 bis 160 Jahre.“ [Riedel et al. (2019): Wälder in Deutschland sind eine wichtige Kohlenstoffsenke. In : Knapp, H.; Klaus,S.; Fähser, L. (Hrsg.) Wald im Widerstreit der Interessen. oekom Verlag, München] Gegenüber dem Belassen des Buchen-Altbestandes erfolgt so (insbesondere auf der komplett beräumten Fläche) also eine erhebliche Reduktion des Kohlenstoffspeichervermögens für die nächsten 20 Jahre. Dabei muss zusätzlich die mittlere Verweildauer von Totholz im Wald mit 40 bis 50 Jahren (hier unterschiedlicher Baumarten) gegenüber einer Verweildauer von 50 Jahren für Bauholz, 25 Jahren für Möbel und Holzwerkstoffe sowie 3 Jahren für Papier bzw. Pappe (im Mittel 21 Jahre) berücksichtigt werden. [Beudert,B; Leibl,F. (2021): Wirtschaftswälder und Naturwälder als Kohlenstoffspeicher im Vergleich. In: Knapp, H.; Klaus,S.; Fähser, L. (Hrsg.): Wald im Widerstreit der Interessen. oekom Verlag, München] D.h. auch falls einige Altbuchen durch die extremen Bedingungen der nächsten Jahre abgängig wären, würde der Kohlenstoff dennoch viel langfristiger im Bestand festgelegt sein, als etwa im Vergleich zur Papierherstellung. Wichtig sind auch die durch die forstlichen Arbeiten ausgelösten Bodenstörungen. Diese führen zusammen mit den durch den Lichteinfall bedingten höheren Temperaturen am Waldboden zu erheblichen Kohlenstoffausgasungen aus der Humusschicht durch Mineralisationsprozesse. [Beudert,B; Leibl,F. (2021): Wirtschaftswälder und Naturwälder als Kohlenstoffspeicher im Vergleich. In: Knapp, H.; Klaus,S.; Fähser, L. (Hrsg.): Wald im Widerstreit der Interessen. oekom Verlag, München] Dies ist umso bedeutsamer, da die Kohlenstoffvorräte im Waldboden 47 Prozent des Gesamtkohlenstoffvorrats des Ökosystems darstellen. [DESTATIS (2019): Umweltökonomische Gesamtrechnungen – Waldgesamtrechnung, Berichtszeitraum 2014-2017. Statistisches Umweltbundesamt] Zusätzlich sollten natürlich die gesamten Klimagasemissionen von Holzernte und -transport bei der forstlichen Klimabilanzierung berücksichtigt werden.

Zu den Ausführungen das Biotop betreffend:

Der Einschlag im Biotop haben Sie mit Pflegemaßnahmen begründet. Können Sie uns bitte mitteilen, ob Sie solche Maßnahmen generell in den 19 Biotopen des Neckargemünder Waldes durchführen? Sollten denn nicht gerade Biotope aus der Nutzung und Optimierung ausgenommen werden dürfen? Warum die von Ihnen angeführten Pflegemaßnahmen in dem Biotop durchgeführt wurden, erschließt sich uns nicht. Wir haben dazu einige Fragen die wir Ihnen abschließen zur weiteren Klärung übermitteln:

Wenn gezielt der bodensaure, stickstoffarme Hainsimsen- Buchenwald geschützt werden soll warum fördert man dann dort die Eiche, die naturgemäß im Luzulo-Fagion nur als Einzelbaum anzutreffen ist? Weiterhin gehört zum Erhalt des Biotops auch der Erhalt der an Schatten oder Halbschatten gebundenen Krautschicht mit namengebender Luzula luzuloides, die laut der Zeigerwerte Ellenbergs eine Schatten- bis Halbschattenpflanze ist. Auflichtungen tun ihr nicht gut. Den Hainsimsen Buchenwald würde man im Biotop standortgemäß vermutlich als heutige potentiell natürliche Vegetation antreffen, ohne menschlichen Einfluss. Pflege- oder Unterhaltungsmaßnahmen sind dort also eigentlich überflüssig. Aus naturschutzfachlicher Sicht müssten die an das Biotop angrenzenden Buchenwaldflächen ebenfalls dicht gehalten werden. Wenn die Flächen lichter werden, hat das auch Einfluss auf das Biotop mit seinen spezifischen Arten. Bei Schutzgebieten ist immer auch das Umfeld mit zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Habermann Sebastian Binnebößel

(Sprecherin der BI) (stellvert. Sprecher der BI)

 

Antwort M. Robens:

Stellungnahme der unteren Forstbehörde

Ihr Schreiben vom 17.04.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihren im Schreiben vom 17.04.2023 gestellten Fragen nimmt die untere Forstbehörde wie folgt Stellung:

Zu Ihren Anmerkungen im 3. Absatz:

Das Kronendach des Bestandes 1/1 b15 war bereits vor dem Hieb ortweise stark aufgelichtet. Das geht u.a. aus dem Schreiben der BI Waldwende vom 18.03.2023 hervor.
Zitat: „Das betroffene Gebiet war bereits vor den Fällungen u.E. in Teilen stark aufgelichtet, insbesondere am Grenzweg.“

Auch im Forsteinrichtungswerk wird der Bestand als „Buchen-Altholz, geschlossen bis locker“ beschrieben.

Daraus wird klar, dass der von Ihnen zitierte Passus aus dem Bericht zur Zwischenprüfung im Stadtwald Neckargemünd vom 19.10.2021 nicht auf den Bestand in 1/1 b15 zutrifft, denn die Aussage der FE bezieht sich auf „… aktuell noch geschlossene Buchen-Altbestände“.

Der Waldbestand hat eine Größe von 7,4 ha. Auf dieser Fläche wurden 8 verschiedene Teilflächen mit einer Gesamtgröße von 0,5 ha so vorbereitet, dass dort im Herbst Eichen gepflanzt werden können.

Zu Ihren Anmerkungen im 4. und 5. Absatz:

Für die Vitalität der Einzelbäume und Wälder viel entscheidender als die Temperatur ist das Verhältnis von Niederschlag und Temperatur, da diese Faktoren die Verdunstung, die Interzeption und die Evaporation beeinflussen. Je nach Exposition, Standort und Bodenart steht den Baumarten ein unterschiedliches Maß an pflanzenverfügbarem Wasser zur Verfügung. Da die verschiedenen Baumarten unterschiedliche Anforderungen bzw. ökologische Grenzen haben, sollte der Beurteilung der Zukunftsfähigkeit einer Baumart immer die ortsspezifische Klärung dieser Fragen vorausgehen.

Ihre Einschätzung der Zukunftsfähigkeit der Buche auf der Fläche des Bestands 1/1 b15 widerspricht der Baumarteneignungs-Prognose der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) für die Buche im Jahr 2071 (bei RCP 8,5). Die Buche wird im betroffenen Bereich als „wenig geeignet – ungeeignet“ eingestuft.

Gerade in diesen Bereichen ist die Beteiligung der Eiche an der künftigen Waldgesellschaft existenziell für die Zukunftsfähigkeit unter Klimawandelaspekten. Auf den gelb und grün kolorierten Flächen kann dagegen die Buche auch künftig Hauptbaumart bleiben.

Zu Ihren Anmerkungen im 6. Absatz:

Der geplante Holzeinschlag in 1/3 k7 verteilt sich auf eine Fläche von 18,6 ha. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Eingriffsstärke von 85 Fm/ha. Dieser Durchforstungseingriff hat das Ziel, die vorkommenden Laubbäume zu fördern – der Anteil der Nadelbäume wird in diesem Bereich also abnehmen. Daher ist Ihre Kritik an den „Nadelholzforsten“ hier völlig unangebracht.

Zu Ihren Anmerkungen im 7. Absatz:

Ich stimme Ihnen völlig zu. Daher gestalten wir unsere Arbeiten im Wald so, dass die genannten Ökosystemdienstleistungen auch künftig vollumfänglich erbracht werden.

Zu Ihren Anmerkungen im 8. Absatz:

Die Vitalität und damit auch das Zuwachsvermögen und die CO2-Speicherfähigkeit von Wäldern nimmt mit dem Alter ab. Dieser Sachverhalt ist durch tausende Untersuchungen in langjährigen Versuchsreichen immer wieder bestätigt worden.

Wenn Wälder einen – baumarten- und standortsabhängig unterschiedlichen – Höchstvorrat erreicht haben, stellt sich ein Gleichgewicht aus CO2-Bindung und CO2-Freisetzung durch Zersetzung ein. Sich langfristig selbst überlassene Wälder sind also keine CO2-Senke mehr!

Holznutzung in nachhaltigen Bewirtschaftungssystemen dagegen entzieht der Atmosphäre für die Lebenszeit des Holzprodukts CO2.

Die Verweildauer von Totholz im Wald ist übrigens je nach Baumart und Stammdicke äußerst unterschiedlich. Gerade die Baumart Buche ist für ihre schnelle Zersetzung bekannt - sie zersetzt sich in 10-15 Jahren.

Bei Ihren Betrachtung lassen Sie leider die Substitutionswirkung der Holzprodukte völlig außer Acht. (Literaturempfehlung: „Klimaschutz mit Wald“ in „Biol. Unserer Zeit, 1/2021, S. 46 ff.)

Zu Ihren Anmerkungen das Biotop betreffend:

Wie ein Biotop behandelt wird, hängt selbstverständlich von der Art und Struktur des jeweiligen Biotops ab. Es sollte offensichtlich sein, dass z.B. ein Feuchtbiotop anders behandelt werden muss als eine „seltene und naturnahe Waldgesellschaft“. Nutzungen in Biotopen orientieren sich am jeweiligen Schutzzweck – an den naturschutzfachlich wertvollen Aspekten des Biotops. Zahlreiche Biotoptypen sind auf wiederkehrende Eingriffe angewiesen, um ihre wertgebenden Strukturen zu erhalten – z.B. Waldränder, Mittelwälder usw.

Die Maßnahme im konkret angesprochenen Hainsimsen-Buchenwald hat die vorhandene Buchennaturverjüngung gefördert, den Eichenanteil bei den Altbäumen erhöht und die Verjüngung in Richtung lichtbedürftiger, klimatoleranterer Baumarten – insbesondere der Eichen – begünstigt.

Die Eiche ist Bestandteil der Pflanzengesellschaft des Hainsimsen-Buchenwaldes. Da der Klimawandel auch vor Waldbiotopen nicht halt macht, ist die Förderung der vorhandenen Eichen ein Beitrag zur langfristigen Erhaltung eines eichenreichen Buchenwaldes, in dem auch die Weiße Hainsimse (die übrigens eine Allerweltsart auf basenarmen Buntsandsteinstandorten ist) weiterhin vorkommen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Robens

 

Antwort Waldwende an M. Robens:

Neckargemünd, den 30.05.2023

Sehr geehrter Herr Robens,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unser Schreiben vom 17.04.2023.

Unsere Ausführungen zu den schon vor dem Einschlag am Herrenhang lückigen Buchen-Altholz, bezogen sich auf die gesamte Einschlagsfläche. Diesbezüglich vor allem auf die vom Stechpalmenweg aus einsehbaren Buchenbestände in 1/1 b15/2. Diese waren allerdings auch schon durch Sturmschäden beeinträchtigt, wie aus dem FEW hervorgeht. Richtig ist dennoch, dass das FEW für die Fläche 1/1 b15 ein Buchen-Altholz; geschlossen, locker - also ein geschlossenen Bestand in lockerer Ausprägung - ausweist. Die Forstinventur durch das FEW ist diesbezüglich wohl die verlässlichste Quelle.

Wie in unserem Brief vom 17.4.2023 dargelegt ist, sind die Eingriffe in einen der schönsten Buchenbestände des Oberen Stadtwaldes daher entgegen der Vorgaben des Zwischenberichtes der Forsteinrichtung (Schonung von geschlossenen Buchenbeständen) deutlich zu stark erfolgt. Wie beschrieben, befürchten wir nun, dass die so wichtige Klimaresilienz des Bestandes dadurch substanziell gefährdet ist und mit ihr die vom Bestand erbrachten Ökosystemdienstleistungen für Luftkühlung, Biodiversität und Erholung. Wir bekräftigen daher unsere eindringliche Bitte, diese wichtigen Leistungen für das Gemeinwohl auch bei dem, durch den Forstbetrieb vorangetriebenen Waldumbau, noch stärker zu berücksichtigen!

Die Zielsetzung die Gemeinwohlleistungen des Waldes bei der Bewirtschaftung entschieden stärker zu berücksichtigen, sollte natürlich insbesondere auch für das kommende Forsteinrichtungswerk 2026-2035 gelten. Eine Ausweitung der naturnahen Waldbewirtschaftung durch eine zeitweilige Reduzierung des Einschlagvolumens, den Aufbau gemischtaltriger Bestände, Erhöhung des Tot- und Altbaumanteils, sowie mehr Waldrefugien sind dafür unserer Meinung nach mitentscheidend. Eine Naturland-Zertifizierung - wie in den kommunalen Wäldern vieler Städte bundesweit erfolgt – ist wünschenswert. Dabei kann eine Honorierung der Gemeinwohlleistungen des Waldes durch Förderprogramme wie das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ein entscheidender ökonomischer Baustein sein.

Die Empfehlungen der Baumeignungskarte sind uns bekannt und bereiten auch uns große Sorgen. Neben dem kleinflächigen aktiven Umbau (v.a. ist dieser aber teuer) ist es daher unserer Meinung nach sehr wichtig im Kontext der naturnahen Waldbewirtschaftung die natürlichen Sukzessionsprozesse im Bestand zu ermöglichen. Dies stärkt im erheblichen Maße die Resilienz des Ökosystem Walds gegenüber den kommenden klimatischen Extremen und ist kostenextensiv zu haben.

Zudem ist – wie während des Waldganges mit Lutz Fähser von Ihnen erläutert – die Eignungsempfehlung für die Eiche auf den besagten Standorten insbesondere aufgrund der Konkurrenzstärke der Buche schlecht bewertet. Hierin sehen wir einen Widerspruch zu den erfolgten Maßnahmen. Wenn die Buche eine so große Konkurrenz für die Eiche darstellt, scheint sie gegenüber der Eiche weiterhin einen Standortvorteil zu haben und es wäre also nicht notwendig, die Buche wegen eines vermuteten Nachteils bereits im Vorfeld zu fällen. Zudem ist für den Fall des Absterbens der Buchenbestände anzunehmen, dass eine Besiedlung durch das vorhandene Diasporenmaterial der Traubeneiche eine wahrscheinliche Entwicklung ist. Ein plus dieses Bestandsumbaus über Naturverjüngung wäre neben den geringen Kosten die schon erfolgte genetische Anpassung der Sämlinge an die vorherrschenden Standortverhältnisse. Ein vielleicht entscheidender Vorteil beim Aufbau klimaresilienter Bestände. Dies ist dann natürlich auch ökonomisch nachhaltiger (https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/betriebsfuehrung/finanzwesen/forstgenetik-rechnet-sich#c92262).

Bedanken möchten wir uns auch für die Literaturempfehlung zum Thema Klimaschutzleistungen des Waldes. Natürlich sind die hohen Zuwachsraten von mittelalten Beständen sehr wichtig für die Funktion des Waldes als Kohlenstoffsenke. Allerdings verweisen wir nochmals auf die in unserem Brief vom 17.4.2023 dargelegten, ebenfalls sehr bedeutenden Aspekte für die Klimaschutzleistungen des Neckargemünder Waldes. Diese haben sie in Ihren Ausführungen leider bisher noch wenig berücksichtigt.

So erreicht der Zuwachs an Derbholz bei Buchenbeständen schwacher bis mittlere Bonität (ähnlich der Einschlagsflächen 1/1 b15 und b15/2) erst ab einem Alter von ca. 50 Jahren gleiche Raten wie bei 150 Jahre alten Beständen (Albert M., et al (2021): Eine neue Generation von Ertragstafeln für Eiche, Buche, Fichte, Douglasie und Kiefer ). In der aktuellen Klimanotlage ist es allerdings notwendig die Senken- und Speicherfunktion des Waldes so groß wie möglich zu halten und grundsätzlich C- Emissionen zu vermeiden! Das Fällen dieser alten Bäume in so einem großen Umfang steht dieser Zielsetzung daher aus verschiedenen Gründen entgegen. Für dieses Ziel ist es u.a. natürlich - wie von Ihnen geschrieben - auch sehr wichtig die Substitutionswirkung des verkauften Holzes zu berücksichtigen und zu optimieren. Papierherstellung aus Holz ist aus benannten Gründen somit eher ungünstig. Im Gegensatz dazu sollte die Verwendung als langlebiges Bauholz angestrebt werden.

Ebenso wie der Aufbau und Erhalt des Holzvorrats ist der Aufbau größerer Totholzvorräte im Wald als C-Speicher wichtig. Der Kohlenstoffspeicher im Totholz befindet sich in einem Fließgleichgewicht, das heißt ein Neuaufbau von Vorräten im Wald bindet eingangs Kohlenstoff und ist längere Zeit als netto positiv zu bewerten. Die C-Abbaurate erfolgt dann u.a. abhängig vom Durchmesser der Totholzstämme (je stärker, desto langsamer) und der Zeitraum für die Zersetzung von liegendem Buchentotholz liegt im Mittel bei 30-35 Jahren. Daher ist für die starken Stämme der Altbuchen auf der Fläche 1/1 b15 eine ähnlich lange Verweildauer des Kohlenstoffs wie für Bauholz anzunehmen.

Bei stehenden Totholz kann davon ausgegangen werden, dass die Verweildauer des Kohlenstoffs aufgrund der schlechteren Bedingungen für die mikrobielle Zersetzung sogar noch höher ist. Zusätzlich reichert die Zersetzung des Totholzes den Bodenkohlenstoffspeicher des Waldes an. Der Kohlenstoff bleibt daher anteilig noch länger gebunden und wird erst einmal nicht klimawirksam (vgl zu diesen Punkten: Herrmann, S., Bauhus, J. (2009): Zersetzungsdynamik und Kohlenstoffspeicherung in liegendem Totholz Forstarchiv, 80/1, 29-32).

Mit Hoffnung für eine in allen Bereichen nachhaltige Zukunft des Neckargemünder Waldes

und freundlichen Grüßen verbleibend!

Monika Habermann Sebastian Binnebößel

(Sprecherin der BI) (stellvert. Sprecher der BI)

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