Totholz: Wichtiger Beitrag zum Arten- und Klimaschutz
Totholz steckt voller Leben und ist die Grundlage der Artenvielfalt unseres Waldes. Darüber hinaus besitzt Totholz eine große Bedeutung für den Nährstoff- und Wasserhaushalt des Waldes. Auch als Kohlenstoffspeicher spielt Totholz eine wichtige Rolle für den Klimaschutz.
Totholz und Artenvielfalt
Unzählige Pilze und Insekten, Vögel und Fledermäuse sind auf alte Bäume und alte Wälder mit einem Anteil toter und absterbender Bäume angewiesen:
Schwarzspechte beispielsweise zimmern ihre Höhlen in alte Bäume, vor allem in Buchen. Nach dem Auszug der Spechte können baumbewohnende Fledermausarten, wie der Große Abendsegler, in die Baumhöhlen einziehen.
Die Larven des eindrucksvollen Hirschkäfers leben sogar bis zu 8 Jahre in morschen Holz alter und abgestorbener Eichen und seltener Buchen. Zusätzlich sind sie dabei auf das Vorkommen spezifischer Pilzarten im zersetztem Holz (Mulm) für ihre Ernährung angewiesen. Nach der anschließenden Verpuppung können sie nur wenige Monate im Wald beobachtete werden, bevor die Tiere nach der Paarung und Eiablage wieder sterben.
Alle drei genannten Arten kommen neben unzähligen anderen auch bei uns im Wald vor und würden von mehr Totholz profitieren. Zum Vergleich: In Deutschland sind etwa 1500 höhere Pilze und 1350 Käferarten auf Totholz als Lebensgrundlage angewiesen. Weltweit sind sogar 20-25% aller Arten in irgendeiner Form für ihr Überleben vom Totholz abhängig! Die unten angeführte Grafik (siehe auch: https://www.nationalpark-harz.de/de/waldwandel-zur-Wildnis/Waldwandel-zur-Wildnis/#group-1 zeigt die überragende Bedeutung von Totholz für die Artenvielfalt und darüber hinaus.
So macht die hohe Artenvielfalt totholzreicher Wäldern, diese nachweislich widerstandsfähiger gegenüber Forstschädlinge, da meist auch ökologische Gegenspieler für die Schädlinge vorhanden sind. Zudem erhöht die Lebensgrundlage Totholz die Überlebenschancen für unzählige Arten, auch bei immer chaotischeren Klimabedingungen. Die Bäume selbst profitieren ebenso von dem zerkleinerten Totholz. Die darin gebundenen Nährstoffe werden durch die Zersetzung freigesetzt und durch den Humus pflanzenverfügbar gespeichert. Das Waldökosystem wird also insgesamt widerstandsfähiger.
Aufgrund seiner überragenden Bedeutung ist Totholz in seinen unterschiedlichen Formen - z.B. als stehende oder liegende Stämme, in Form von Ästen, Stammstücken oder Wurzelteilen, in verschiedenen Dicken und Zersetzungsgraden – allgemein als ein Schlüsselindikator für eine ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft anerkannt.
Benötigte Totholzmenge
Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ein Totholzanteil zwischen 40 - 60m³ pro Hektar es einem großen Anteil der Totholzarten ermöglicht zu überleben.
Für Neckargemünd liegen aktuell keine genaueren Zahlen vor, jedoch ist in der Fläche von einem erheblich niedrigeren Wert von 10m³ pro Hektar und darunter auszugehen. Bei aktuell ca. 320m³ lebender Baumbiomasse in Neckargemünd entspricht unserer Vorschlag eines 10prozentigen Anteils (32m³), in etwa dem für Artenschutz optimalen Wert.
Ein erfolgreiches Beispiel der Totholzanreicherung zur Unterstützung der Artenvielfalt zeigt folgender Artikel: https://www.lwf.bayern.de/biodiversitaet/biologische-vielfalt/231414/index.php
Totholz und Klimaschutz
Totholz ist ein wichtiger und sehr langfristiger Kohlenstoffspeicher im Waldökosystem. Je mächtiger die Totholzstämme, desto länger dauert der Zersetzungsprozess und umso länger bleibt der darin gebundene Kohlenstoff der Atmosphäre entzogen.
So zersetzt sich ein stärkerer Buchenstamm durchschnittlich erst nach 35 Jahren (bei anderen Holzarten dauert es teils sogar noch erheblich länger). Totholz ist somit für den Klimaschutz von größerer Bedeutung als die vielen kurzlebigen Holzprodukte, wie Papier, Europaletten und viele Möbel (IKEA). Diese werden schon nach einer kurzen Zeitspanne entsorgt und anschließend meist verbrannt. So wird der darin enthaltene Kohlenstoff schnell wieder klimawirksam.
Durch die Anhebung des Totholzvorrats kann der Kohlenstoffspeicher unserer Waldfläche somit substantiell und für lange Zeit erhöht werden. Insbesondere bei eher geringen Vorräten wie in vielen Teilen unseres Waldes. Ein wichtiger Hebel für unsere Kommune im aktuellen Klimanotfall!
Ein Teil des Holzkohlenstoff wird als Humus noch erheblich langfristiger festgelegt. Der sogenannte Dauerhumus hat eine Bestandszeit von hunderten bis tausend Jahren. Dies ist auch der Grund dafür, dass in Waldböden im Schnitt die gleiche Menge Kohlenstoff gebunden ist, wie in der lebenden Baumbiomasse!
Der Wasserhaushalt des Waldes und Totholz
Die Anreicherung des Humus verleiht dem Waldboden auch seine viel beschriebenen schwammartigen Eigenschaften. Je höher der Humusgehalt desto besser kann der Boden Feuchtigkeit aufnehmen und langfristig speichern. Dies schützt den Boden vor Austrocknung in Dürrephasen, wirkt sich positiv auf das Mikroklima aus und puffert sogar Hochwasserereignisse ab.
Dies gilt ebenso für noch nicht oder weniger zersetzten Totholzstämme. Besonders an den Hängen verringert liegendes Totholz zusammen mit der Humusauflage die Abflussgeschwindigkeit von (Stark-)Regenwasser. Dadurch kann das Regenwasser besser versickern, die Erosion des wertvollen Oberbodens wird reduziert und die Grundwasserneubildung erhöht sich. Zudem ist Totholz selbst, vor allem stärker zersetzt, ein bedeutender und langfristiger Wasserspeicher.
Damit hilft Totholz dabei die Trinkwasserversorgung Neckargemünds auch bei längeren Dürrephasen mit periodischen Starkregenereignissen zukünftig zu sichern.