Buchenwald Neckargemünd
Buchen in unserem Wald
Alte Laubwälder sind besonders wichtig für den Schutz von Artenvielfalt und natürlichem Klimaschutz. Das gilt insbesondere für alte Buchenwälder, die früher in Deutschland weit verbreitet waren. Daher wurde im März 2024 ein Einschlagstopp auf Flächen des Bundesforstes vereinbart. Argumente der damaligen Bundesumweltministerin Steffi Lemke: "Alte Buchenwälder sind Schatzkammern der Artenvielfalt. Sie passen sich besonders gut an Klimaveränderungen an und sind wichtig für den Grundwasserschutz. Mit dem Einschlagstopp in alten, naturnahen Buchenwäldern auf bundeseigenen Flächen legen wir den Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas vertraglich fest und nehmen unsere Verantwortung für künftige Generationen wahr. Damit setzen wir das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz auf Bundesflächen um und schützen so diese einzigartigen und wertvollen Ökosysteme." (in: https://www.z-u-g.org/meldungen/schutz-alter-buchenwaelder-im-bundesforst/ )
Über 200 Jahre alte Buchenbestände und Einzelbuchen sowie größere zusammenhängende Flächen sind sehr selten. Reste naturnaher Buchenwälder im Tiefland gibt es weltweit nur noch in Nordost-Deutschland. Daher zählen sie zu den stark bedrohten Lebensräumen unseres Kontinents (1).
Auch in Neckargemünd ist die Buche die Hauptbaumart, laut Zwischenbericht des Forsteinrichtungswerkes Neckargemünd (im Folgenden: FEW) sind 49 Prozent der Waldflächen mit Buchen bestockt. In den letzten Jahrzehnten sind unsere Buchenwälder allerdings sehr stark, sogar über ihre Zuwachsrate hinaus, genutzt worden (siehe dazu unsere Berechnungen zum Holzeinschlag und Nachwuchsraten).
Alte Buchenbestände finden sich auch zum Bedauern vieler Spaziergänger*innen nun im Neckargemünder Wald nur noch in wenigen verbliebenen Teilbereichen des Waldes. Solche sehr hoch gewachsene Buchenbestände auf großflächigen Buchenwaldbereichen im Alter um 120 Jahre und ganz selten sogar bis 160 Jahre sollten wir unbedingt bewahren. Vielerorts sind nur noch flächige Jungbestände übrig, von stellenweise nur wenigen Metern Höhe.
Der Zwischenbericht des Forsteinrichtungswerkes Neckargemünd von 2021 bestätigt eine deutliche Verjüngung der Buchenbestände. Dort wurde angemahnt: „Solange nicht klar ist, wie sich die Schäden aus der Trockenheit 2018-2020 auf die Bestände auswirken, finden in den aktuell noch geschlossenen Buchen-Altbeständen nur vorsichtige Eingriffe statt, das Bestandesdach wird geschlossen gehalten" (…) "Da zudem aktuell nicht abzusehen ist, wie sich die Dürreschäden bei der Buche weiter entwickeln, wird empfohlen, die Nutzungen in noch weitgehend geschlossenen Beständen für die kommenden Jahre zurückzustellen". (Niederschrift zur Zwischenprüfung Stadtwald Neckargemünd, FE11b, S.2 und S.4)
Leider ist diese Empfehlung nicht umgesetzt worden. Es erfolgten massive Eingriffe in die wenig verbliebenen, alten Betände. Mit den alten Buchen gehen auch ihre einzigartige Artenvielfalt, ihre hervorragende Luftkühlungsfunktion und auch die große Menge gespeicherter Kohlenstoff verloren. Ebenso stark geschwächt ist eine besondere Fähigkeit, die gerade alte Buchenwälder auszeichnet. Im Gegensatz zu allen anderen Baumarten tragen Buchen in herausragender Weise zur Bildung von neuem Grundwasser bei. Gerade diese sollte uns in Neckargemünd jedoch besonders wertvoll sein, da ca. 85% unseres Trinkwassers aus eigenen Quellen stammt (Link zum Wasserwerk).
Argumente für die sehr starke Nutzung sind seit einigen Jahren neben dem Holzverkauf für hauptsächlich Kartonagen, Papier, Möbel und Brennholz die Unsicherheit in Bezug auf ihre Widerstandsfähigkeit im Klimawandel. So soll der Wald durch Anpflanzungen von Eichen und Douglasien widerstandsfähig gemacht werden. Allerdings gibt es hier auch Studienergebnisse die diesem Vorhaben widersprechen. So zeigen Forschungen eine sehr hohe Widerstandskraft von geschlossenen, nur schonend genutzten Buchenwäldern und ihre starke epigenetische Anpassungsfähigkeit (2).
Daher sollte u. E. besonders auf Naturverjüngung und natürliche Waldentwicklung gesetzt werden. Entscheidend ist es dabei die letzten verbliebenen Buchenbestände möglichst schonend zu nutzen und nur kleinflächig Buchen zu entnehmen. Das Kronendach sollte unbedingt geschlossen gehalten werden (3).
Gerade die in Neckargemünd langjährig praktizierten Einschläge „unter Schirm“ schädigen den gesamten Buchenbestand durch großflächige Öffnungen des Kronendachs. Die verbleibenden Buchen erleiden häufig Sonnenbrand und gehen sukzessive ein. Dies wiederum dient dann als Argument für das komplette Abräumen des Bestandes und einer geringeren Resilienz der Buchen im Klimawandel.
Da sich der Waldboden an den Stellen des flächigen Einschlags sehr stark erhitzt und anfällig gegen Dürre ist, ist unsicher, ob neue Bäume wie z.B. Eichen danach überhaupt anwachsen. Es dauert Jahrzehnte, bis sie die Buchen mit all ihren positiven Eigenschaften wenigstens teilweise „ersetzen“ können. Z.B. ist die so dringend benötigte Kohlenstoffaufnahme dieser jungen Bestände verglichen mit älteren Bäumen nur marginal.
Buchen haben also sehr wichtige Funktionen für das Klima und das Ökosystem: Buchen mögen Schatten, daher sind sie exzellent in ihrer Kühlungsfunktion (4). Sie sind konkurrenzstark, anpassungsfähig und hier beheimatet. Buchen dienen auch in besonderer Weise dem Wasserhaushalt im Wald. Man nennt sie daher auch „Wasserkraftwerke des Waldes“ (5). Das liegt zum einen an ihrem glatten Stamm, an dem das Wasser gut abgeleitet wird, an der Trichterform der Äste und an dem feuchten Mikroklima, das sie erzeugen. Eine sehr gute Grafik, veröffentlicht vom Ökoinstitut, verdeutlicht diese besondere Funktion der Buche als "Wasserkraftwerk".
Es gibt sehr viele Arten, insbesondere Pilze, die ganz auf Buchen spezialisiert sind (6). Ein weiteres Argument, die Buchenwälder in Neckargemünd zu schützen.
Buchen und Eichen haben auch ähnliche Prognosen in Hinblick auf den Klimawandel wie die Baum-Eignungskarten für Neckargemünd zeigen.
Unser Fazit: Kein flächiger „Austausch“ von Buchen, z.B. um Eichen anzupflanzen. Nur Einzelentnahme von Buchen zur Naturverjüngung. Kronendach möglichst geschlossen halten. Buchen alt werden lassen. Schutzgebiete ausweisen.
Literaturverweise (Links geprüft: 04-05-2025)
(1) https://www.weltnaturerbe-buchenwaelder.de/teilgebiete/deutschland
(2) Pflug, E. E., Buchmann, N., Siegwolf, R. T. W., Schaub, M., Rigling, A., & Arend, M. (2018). Resilient leaf physiological response of European beech (Fagus sylvatica L.) to summer drought and drought release. Frontiers in Plant Science, 9, 187 (11 pp.).
(3) Peter Meyer, Andreas Mölder, Ralph-Volker Nagel: Trockenjahre und Buchenmortalität: geschlossenes Kronendach mindert Schäden. https://www.nw-fva.de/fileadmin/nwfva/publikationen/pdf/meyer_2024_trockenjahre_und_buchenmortalitat_geschlossenes_kronendach.pdf(4)
Christoph Leuschner, Stefan Hohnwald, Any Mary Petritan, Helge Walentowsky: Vertical temperature and air humidity gradients in beech and oak forests, and the forest interior climate created by beech. In: Flora, Vol. 305, Aug. 2023. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S036725302300107X?via%3Dihub
(5) Jörg Fischer. Steckbrief zum Baum des Jahres: Die Rotbuche. In: Forstpraxis vom 29.10.21, zuletzt aktualisiert am 20.9.22 https://www.forstpraxis.de/steckbrief-zum-baum-des-jahres-die-rotbuche-19414
(6) Die Buche - Baum des Jahres 2022 https://www.lwf.bayern.de/waldbau-bergwald/waldbau/087051/index.php
Im Anhang haben wir für Sie weitere Zusammenfassungen und Hinweise aus einigen interessanten Artikeln und Studien zusammengestellt, die sich mit dem Thema Buchen und Wasserhaushalt/Kronenschluss/Artenvielfalt beschäftigt haben.